Markenrecht im Spannungsfeld: Verwechslungsgefahr im Markenrecht erkennen und meistern

Inhaltsverzeichnis

Bei Markenstreitigkeiten geht es oft um die Frage ob zwischen zwei Marken Verwechslungsgefahr besteht. In diesem Beitrag soll ein kleiner Überblick über das Thema der Verwechslungsgefahr verschafft werden.

Das Markenrecht ziel darauf ab, den Schutz von Marken sicherzustellen und den Verbrauchern Orientierung zu bieten. Die Verwechslungsgefahr ist somit einer der wichtigsten Begriffe im Markenrecht. Die Verwechslungsgefahr im Markenrecht tritt auf, wenn eine Marke mit einer anderen Marke so ähnlich ist, dass die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens mit denen eines anderen Unternehmens verwechselt werden. Dies kann zur Konfusion führen und auch den Ruf der betroffenen Unternehmen schädigen. Es soll vermieden werden, dass die Konsumenten denken, dass Produkte aus demselben Unternehmen stammen oder, dass zwischen den beiden Unternehmen eine Verbindung existiert.

Wenn eine Marke beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) oder in Europa angemeldet wird, prüft das zuständige Amt nicht, ob bei der Markenanmeldung bereits andere identische oder ähnliche Marken eingetragen sind und somit eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken droht (sog. absolute Schutzhindernisse). Es wird nur überprüft, ob der Markenanmeldung relative Schutzhindernisse entgegenstehen. Sollte tatsächlich eine Verwechslungsgefahr vorliegen, so drohen Konsequenzen für den Markenanmelder.

Konsequenzen bei Verwechslungsgefahr zwischen zwei Marken

Jeder Markeninhaber hat nach Markenanmeldung drei Monate Zeit, Widerspruch gegen die neu registrierte Marke zu erheben. Wird diese Frist verpasst, gibt es nur noch die Möglichkeit, über den Zivilweg mittels Löschungsklage gegen eine identische oder ähnliche Marke bei der eine Verwechslungsgefahr befürchtet wird, vorzugehen. Dies ist jedoch mit erheblichen Kosten und Aufwand verbunden. Weiterhin stehen Inhabern älterer Marken auch Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz zu. Es ist somit sehr empfehlenswert, vor Markenanmeldung eine gründliche und vertiefte Markenrecherche durchzuführen, um allfällige unangenehme Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Wenn die Marke dann einmal geschützt ist, sollte diese dann auch aktiv mittels einer Markenüberwachung überwacht werden, damit bei einer allfälligen Rechtsverletzung eine sofortige und kostengünstige Intervention möglich ist.

Wichtig zu wissen ist, dass das Markenrecht Zeichen immer nur in Verbindung mit den angemeldeten Waren- und Dienstleistungsklassen schützt. Wenn Sie also zum Beispiel das Zeichen „Taube“ als Marke für Fahrräder anmelden, besteht mit der Nutzung des Zeichens „Taube“ durch Dritte für zum Beispiel Anwaltsdienstleistungen kaum Verwechslungsgefahr. Anders könnte es aussehen, wenn das Zeichen „Taube“ für Fahrradhelme anstatt von Anwaltsdienstleistungen benutz wird. Es gibt jedoch eine Ausnahme dazu, nämlich bei berühmten Marken (z.B. Coca-Cola). Hier gilt der Schutz Klassenübergreifend.  

Massgebliche Faktoren bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marke und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auszugehen.

a) Verwechslungsgefahr bei Wortmarken

Um die Verwechslungsgefahr zwischen Wortmarken zu bewerten, werden von den Markenämtern und den Gerichten somit die folgenden Faktoren berücksichtig:  

  • Zeichenähnlichkeit
    Anhand folgender Kriterien wird die Zeichenähnlichkeit geprüft:– Phonetische Ähnlichkeit: Hier wird überprüft, ob beim Aussprechen der beiden Marken eine Verwechslungsgefahr droht. Es ist dabei auf die übliche Aussprache zu achten.Beispiele für klangliche Ähnlichkeit: Securo / Securit, Nike / Mike, Coca cola / Koka Kola–(Schrift-)bildliche Ähnlichkeit: hier wird inbsesondere überprüft, ob sich die beiden Marken in ihrem Schriftbild ähnlich oder identisch sind. Um eine Verwechslunsgefahr zu beurteilen, muss insbesondere die Wortlänge oder die Buchstabenanzahl geprüft werden.

    Beipiele für schriftbildliche Ähnlichkeit: Afro / aero, Pallas / Prectinino / Prantinino–Begrifflichen Ähnlichkeit: Hier ist zu prüfen, ob sich die beiden Marken begrifflich identisch oder ähnlich sind.Beispiele für begriffliche Ähnlichkeit: breadfast / breadquickUm eine Verwechslungsgefahr anzunehmen, genügt es schon, wenn die Ähnlichkeit zwischen zwei Marken nur auf einer Ebene besteht.
  • Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit
    Damit eine Verwechslungsgefahr angenommen werden kann, genügt eine blosse Zeichenähnlichkeit nicht sondern es müssen sich auch die Waren und Dienstleistungen einander ähneln. Für die Beantwortung der Frage, ob Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit vorliegt, ist massgebend, ob die massgeblichen Verkehrskreise der Meinung sein könnten, die Waren- und Dienstleistungen stammen aus demselben oder wirtschaftlich miteinander verbundene Unternehmen. Zu prüfen sind z.B. die betriebliche Herkunft, miteinander konkurrierende oder sich ergänzende Produkte oder Dienstleistungen, Hauptwaren/Zubehör usw.
  • Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Mit der Kennzeichnungskraft einer Marke ist der Schutzumfang gemeint. Man unterscheidet bei der Kennzeichnungskraft zwischen schwacher, normaler und gesteigerten Kennzeichnungskraft. Wie Kennzeichnungskräftig eine Marke ist, beurteilt sich danach, wie beschreibend das Zeichen für die Waren- und Dienstleistungen ist. Eine Marke welche die Waren- und Dienstleistungen nicht mal teilweise beschreibt, weist eine gesteigerte Kennzeichnungskraft auf. Auch die Beurteilung nach dem Schutzumfang der Marke ist wie bei der Verwechslungsgefahr immer eine Einzelfallentscheidung.

b) Verwechslungsgefahr bei Bildmarken

Bei der Beurteilung ob zwischen zwei Bildmarken Verwechslungsgefahr besteht, muss der bildliche Eindruck ermittelt werden, der einem Durchschnitsverbraucher im Gedächtnis bleibt. Es wird angenommen, dass sich der Verbraucher nicht an alle Details der ersten Marke erinnert, wenn er die zweite Marke sieht. Umrandungen und Verzierungen fallen somit weniger ins Gewicht. Aber auch hier müssen immer alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, insbesondere auch die Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit und die Kennzeichnungskraft der Marke.

c) Verwechslungsgefahr bei Wort-/Bildmarken

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen einer Wortmarke und einer Wort-/Bildmarke also eine Marke bei der ein oder mehrere Wörter mit einem grafischen Element kombiniert sind, wird fast nur auf die klangliche Ähnlichkeit abgestellt. Es wird also der Wortbestandteil der Marke herangezogen da in der Regel bei Wort-Bildmarken der Gesamteindruck durch den Wortbestandteil klanglich geprägt ist. Auch hier müssen weiterhin noch die Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit und die Kennzeichnungskraft der Marke berücksichtigt werden.

Besonderer Schutz für berühmte Marken Art. 15 MschG

Berühmte Marken erfahren in Art. 15 MschG gegenüber normalen Marken einen gesteigerten Schutz. Zum einem ist deren produktspezifischer Schutzumfang nicht an das beanspruchte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis und nach Ablauf der fünfjährigen Karenzfrist an die effektive Gebrauchslage gebunden. Durch diesen besonderen Schutz soll insbesondere vermieden werden, dass die Wertschätzung berühmter Marken ausgenutzt wird.

Wann eine Marke tatsächlich als berühmt gilt, ist umstritten und eine Einzelfallentscheidung. Gemäss der Rechtsprechung soll bezogen auf die Gesamtbevölkerung ein Mindestgrad von 30% an Verkehrsbekanntheit ausreichen. Darüber hinaus spielen noch andere Kriterien eine Rolle.

Beispiel bei dem der Anspruch der bekannten Marke bejaht wurde:

  • The North Face und The Dog Face (Oberlandgericht, Beschluss vom 28.06.2022)

Das Thema der Verwechslungsgefahr im Markenrecht ist sehr wichtig und komplex. Es ist somit sehr empfehlenswert, einen Spezialisten zurate zu ziehen.

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